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Im Fokus
Infektion und Immunologie
Gewollte Replikation eines Virus
Dank aufwendiger Testverfahren konnte das
Institut für Immunologie am UK Essen die
enge Beziehung zwischen einer hoch speziali-
sierten Makrophagen-Art und der Immunreak-
tion des Organismus nachweisen. Die Ergeb-
nisse der internationalen Forschungsgruppe
wurden online im November 2011 imMagazin
Nature Immunology
(
Ausgabe 13, S. 51 bis 57,
Januar 2012) veröffentlicht.
Sie machen nicht das, wofür sie eigentlich ge-
schaffen wurden – und damit genau das Richtige:
Die sogenannten CD169+-Makrophagen, Fress-
zellen, die in einem bestimmten Bereich der Milz
zu finden sind, erlauben lokal die Replikation
(
= Vermehrung) eines Virus, statt diesen voll-
ständig zu zerstören. Und das aus gutemGrund:
Denn nur, wenn eine bestimmte Menge des
Virus erhalten bleibt, bildet der Körper auch
genügend Antigene gegen den Erreger. Die
erzwungene Virus-Vermehrung“ in CD169+-
Makrophagen steht also in direktem Zusam-
menhang zur Aktivierung der sogenannten
adaptiven, also erworbenen Immunität. Der
Körper bildet dadurch Gedächtniszellen, die auf
künftige Infektionen reagieren. Indem die Fress-
zellen also eine lokale Replikation des Virus
möglich machen, fördern sie den Aufbau von
Antikörpern – und damit schlussendlich eine
besonders wirkungsvolle Abwehr der Krankheit.
Zusammenspiel mit dem Protein USP18
In einem Infektionsmodell haben die Wissen-
schaftler entdeckt, dass es nur in Anwesenheit
von CD169+-Makrophagen zur Replikation
eines Virus kam. Der Grund, warum das Virus in
CD169+-Makrophagen replizieren konnte, war
eine hohe Expression des Proteins USP18, welches
die Interferon-Wirkung blockierte. Interferon
unterdrückt in anderen Körperzellen die Virus-
replikation. Blockiert man nun in CD169+-Makro-
phagen USP18, so reagieren diese Zellen wieder
auf Interferon und die gewollte Virusreplikati-
on wird verhindert. Damit wird aber eben auch
die Aktivierung der adaptiven Immunantwort
verhindert. Daher war die frühe erzwungene
Virusvermehrung insgesamt vorteilhaft.
Beteiligt an den Untersuchungen waren
neben den Essener Immunologen um Prof. Karl
Sebastian Lang auch Wissenschaftler der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der
Eberhard-Karls-Universität Tübingen sowie
Forscher aus Japan, den USA, Kanada und den
Niederlanden.
In weiteren Forschungsarbeiten soll nun unter-
sucht werden, welche Rolle dieser neu entdeckte
Mechanismus bei weiteren Virusinfektionen
sowie bei menschlichen Erkrankungen des Im-
munsystems spielt.