Verbrennungsmedizin

Die Behandlung brandverletzter Patienten hat in den letzten Jahrzehnten in Deutschland durch die Einrichtung von Brandverletztenzentren einen hohen Standard erreicht. Eine qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung ist flächendeckend garantiert. Durch die Fortschritte der Medizin, neue Transplantationstechniken und die Züchtung patienteneigener Kulturhaut, ist es gelungen, die Überlebensrate der Patienten weiter zu steigern. Mit dem frühen Einsatz plastisch-rekonstruktiver Techniken können darüber hinaus Extremitäten erhalten werden, die früher, häufig im Sinne der Lebenserhaltung des Patienten, amputiert werden mußten. Die daraus resultierenden Herausforderungen und Chancen für die professionelle und soziale Rehabilitation der Patienten müssen in Zusammarbeit aller hiermit vertrauten Institutionen und Personen angenommen und gelöst werden können. In diesen Seiten könne Sie etwas über Einteilung, Erstversorgung und Behandlung von Verbrennungsopfern erfahren.Verbrennungen werden eingeteilt nach der Art der Verbrennung (siehe Unfallmechanismus), Verbrennungstiefe, der flächenhaften Ausdehnung  im Handbereich und der flächenhaften Ausdehnung an der gesammten Körperoberfläche.

Unfallmechanismus

Verbrennungsverletzungen entstehen primär durch Verbrühung (heißes Wasser und Wasserdampf), Verbrennung (offene Flammen, heise Flüssigkeiten), heiße Pressen (zusätzlich Quetschschaden), Reibungswärme, die bei Berühren schnell rotierender Gegenstände entsteht (thermische und mechanische Schädigung, evtl mit signifikanter Wundverschmutzung), und Explosion. Als Sonderformen unterscheidet man Verbrennungen durch Elektroenergie (Elektroverbrennung), chemische Verbrennungen (Lauge, Säure) und Bestrahlung (infrarot, ultraviolet und andere Strahlen).

Verbennungstiefe

Nach der Verbrennungstiefe unterscheidet man in I, II und III gradige Verbrennungen (Abb. 1). Verbrennungen verschiedener Grade können gleichzeitig nebeneinander vorkommen. Bei der Verbrennung I. Grades handelt es sich um eine oberflächliche Irritation der Epidermis ("Sonnenbrand"). Es kommt zu einer schmerzhaften Rötung mit oberflächlicher Ödembildung. Die Abheilung erfolgt immer spontan und ohne Narbenbildung mit einer erheblichen Hautschuppenbildung innerhalb weniger Tage. Bei der Verbrennung II. Grades besteht eine Schädigung von Epidermis und Korium mit Blasenbildung. Abhängig von der Tiefe der Schädigung im Corium unterscheidet man oberflächlich (IIa) und tief (IIb) zweitgradige Verbrennungen. Bei der Verbrennung III Grades besteht eine Schädigung der gesammten Haut einschließlich der Hautanhangsgebilde.

Abb.  1 : Tiefe der Verbennung

         Grad I   : Hautrötung

         Grad II  : Teilnekrose der Haut mit Blasenbildung                    

                          - oberflächlich                    

                          - tief          

         Grad III : Totalnekrose der Haut

Flächenausdehnung

Abhängig von der Größe der Verbrennung unterscheidet man kleine auf eine Körperregion lokalisierte und großflächigere Verbrennungen. Das Ausmaß der verbrannten II und III gradig verbrannten Körperoberfläche wird mit Hilfe der 9er Regel nach WALLACE (1951) oder genauer  nach Körperregionen und Lebensalter aufgeteilten Tabellen bestimmt (Tab. xx).

Tab.  2 : Tabelle zur Berechnung der verbrannten Körperoberfläche

Der Patient mit großflächigen Verbrennungsverletzungen muß primär immer als höchst gefährdet angesehen und behandelt werden. Bei großflächigeren Verbrennungen (> 5% bei Säuglingen, > 10% III°ige oder 15% II°ige Verbrennung beim Erwachsenen) kann es neben der direkten Gewebeschädigung (Cave: Augen, Ohren, usw.) zum Auftreten der sogenannten „Verbrennungskrankheit“ kommen.

Therapie

Ziele der fachgerechten Behandlung brandverletzter Patienten sind in Anlehnung an die Richtlinien der Deutschen Geselschaft für Verbrennungsmedizin (DGV):

 

  1. Sicherung des Überlebens
  2. Vermeidung von Sekundärschäden (z.B. Infektion, Sepsis...)
  3. Wiederherstellung der Funktion, möglichst frühzeitige Belastbarkeit im Hinblick auf eine möglichst kurze Immobilisation, Minimierung der Narbenbildung  
  4. möglichst gutes ästhetisches Ergebnis
  5. frühestmögliche soziale Wiedereingliederung

 

Nur eine umschriebene Verbrennung I. Grades kann durch den Hausarzt allein ambulant behandelt werden. Bei allen anderen Fällen ist eine Vorstellung in einer Fachklinik dringend zu empfehlen. In Spezialzentren können kleinere Verbrennungen im ambulant mit engmaschiger Kontrolle versorgt werden. Neben patientenbedingten Kriterien (Versorgung v. a. bei alten Menschen) entscheiden vor allem Lokalisation und Größe der Verbrennung darüber, ob ein Patient stationär aufgenommen wird. Bei Verdacht auf ein Inhalationstrauma sowie bei II° gradigen Verbennungen im Gesicht-, Genital- und Handbereich sollte bei Kindern mit mehr als 5% und Erwachsenen mit mehr als 10% der Körperoberfläche (KOF) eine stationäre Behandlung in einem spezialisierten Brandzentrum erfolgen.

Erstmaßnahmen am Unfallort

- Selbstschutz beachten

- Beseitigung der Hitzequelle, Ausschalten des schädigenden Agens (Stromabschaltung,…) 

  keine Entfernung von Kleidern !!!!.

- Prüfung der Vitalfunktionen

- sofortige Kühlung mit Leitungswasser innerhalb der ersten 15 - 20 Minuten  bis zur Linderung

  des Schmerzes.

Primärtherapie

Das Auftreten einer Infektion ist von großer Bedeutng und muß deshalb unter allen Umständen vermieden werden. Für die Wundreinigung ist oft eine Narkose notwendig. Die Wahl des therapeutischen Vorgehens ist hauptsächlich abhängig von der Verbrennungstiefe und der Verbrennungsausdehnung. Die aktive konservative Therapie ist indiziert bei Verbrennungsverletzungen 1. Grades, sowie oberflächich

2. gradigen Verbennungen. Bei der Verbrennung I° erfolgt die topische Behandlung mit Lavasept-Salbe, Polyvidonjod-Salbe oder Flammazine-Salbe (R). Der erste Verbandswechsel erfolgt nach 24 Stunden. Abhängig von der Rötung kann der Verbrennungsverband entfernt oder für weitere 24 - 72 Stunden belassen werden. Eine intensive Hautpflege mit Fettsalbe sollte bis zu völligem Abblassen der Rötung durchgeführt werden. Eine physiotherapeutische Begleittherapie ist beim "Sonnenbrand" nicht notwendig. Bei der Verbrennung IIa erfolgt in Abhängig von Größe und Lokalisation der Blasen eine sterile Eröffnung oder Abtragung. Ist eine engmaschige Wundkontrolle möglich, kann das Blasendach zum Schutz der darunterliegenden Haut für 24 - 48 Stunden belassen werden, solange der Inhalt klar bleibt. Kommt es durch Infektion zu einer Trübung des Blaseninhaltes, muß die Blase abgetragen und der Inhalt entleert werden. Die lokale Wundebehandlung kann mit antibakteriellen Lösungen (MARFENID/R, LAVASEPT/R), Salben (Polyvidonjod-Salbe, FLAMMAZINE-Salbe/R) oder mit biosynthetischen Folien (BIOBRANE, R) erfolgen. Das Ankleben des Verbandes auf der Wunde muß verhindert werden (Fettgase, MEPITHEL/R). Ziel der topischen Therapie ist die Infektionsprophylaxe und/oder Gerbung der Wundoberfläche. Der Schorf schützt die darunterliegenden Hautschichten vor Austrocknung. Von den verbliebenen vitalen Schichten des Coriums und von den epithelialen Anhangsgebilden (Schweißdrüsen, Talgdrüsen, Haarbälge) erfolgt die Spontanheilung durch Regeneration. In der Regel wird ein Verbandswechsel in ein- bis zweitägigen Abständen erforderlich werden. Bei der Verbrennung IIb und III ist die operative Therapie indiziert. Zur Verringerung der Narbenbildung ist eine aktive postoperative Narbensuppressionstherapie mit Kompression und Silikoneinlagen unbedingt indiziert.



Zum Seitenanfang