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16.06.2021
Plötzlicher Herztod - jeder kann helfen

Es war gegen Ende der ersten Halbzeit, als der 29-jährige dänische Fußballprofi Christian Eriksen bei der Fußball-Europameisterschaft im Spiel gegen Finnland wie leblos zusammensank. Das Publikum und natürlich alle ihm nahestehenden Personen waren schockiert. Prof. Dr. Reza Wakili, Bereichsleiter der Rhythmologie und Devicetherapie und Prof. Dr. Peter Lüdike, Bereichsleiter Herzinsuffizienz und Intensivmedizin der Klinik für Kardiologie & Angiologie sprechen im Interview über das so wichtige Thema "Plötzlicher Herztod" und wie jeder Menschenleben retten kann.

 

Lüdike: Was wir beim Länderspiel zwischen Dänemark und Finnland am Beispiel von Christian Eriksen vor laufenden Kameras beobachten konnten, war das typische Bild eines plötzlichen Herztodes und durch das rasche Eingreifen der Rettungskräfte, konnte ein möglicherweise tödlicher Verlauf für den jungen Mann und schwere neurologische Folgeschäden abgewendet werden.

 

Wakili: Natürlich fragt sich jetzt jeder, was war die Ursache und kann mich das auch betreffen? Grundsätzlich besteht primär bei Patienten mit einer vorbekannten Herzerkrankung/-schwäche ein erhöhtes Risiko für den Plötzlichen Herztod. Es kann aber auch in seltenen Fällen jüngere eigentlich bis dato „herzgesunde“ Menschen betreffen, hier liegt dann meist ein Gendefekt/-variante zugrunde, welche(r) die „Elektrik“ des Herzens betrifft, und das Auftreten von gefährlichen Herzrhythmusstörungen begünstigen kann. Das muss jetzt im Detail auch bei Christian Eriksen untersucht werden.

 

Lüdike: Wir sehen an der Universitätsmedizin Essen regelmäßig Patienten nach überlebtem plötzlichen Herztod, da wir ein sogenanntes CardiacArrestCenter sind, also eine Einrichtung die sich auf alle Aspekte der Behandlung von Patienten nach Herz Kreislaufstillstand spezialisiert hat. Leider sehen wir häufig das Bild, dass, anders als bei Christian Eriksen, nicht sofort mit der Herzdruckmassage durch Angehörige oder Passanten begonnen wurde und die Patienten dadurch schwere, oft mit dem Leben nicht mehr vereinbare Schädigungen des Gehirnes davon tragen.

 

Wakili: Mit Christian Eriksen ist jetzt im speziellen Fall ein Profisportler betroffen, dies lässt die Diskussion von den Vorsorgeuntersuchungen bei Leistungsportlern in den Vordergrund rücken. Insgesamt gibt es bei Sportlern immer die Befürchtung, dass gefährliche Herzrhythmusstörungen auftreten, dies beruht aber primär auf der Tatsache, dass bei immer wieder eintretenden körperliche Spitzenbelastung zugrunde liegende Veränderung viel schneller auffällig werden. Daher gibt es auch klare Empfehlungen, dass sich v.a. Profisportler regelmäßigen Untersuchungen unterziehen sollten, welche u.a. ein EKG, ein Belastungs-EKG und meist eine Ultraschalluntersuchung des Herzens beinhalten. Dies hilft in vielen, aber leider nicht in allen Fällen im Vorhinein Auffälligkeiten zu entdecken und präventiv einzugreifen.

 

Lüdike: Von diesem Zwischenfall bei der EM, sollten wir als Zuschauer weniger die ergriffenen Gesichter der nachvollziehbar geschockten Mitspieler, Fans und Betreuer in Erinnerung behalten, sondern die Tatsache, dass wirklich jeder Bürger ein Lebensretter sein kann, wenn er bei einem Menschen der bewusstlos zusammenbricht sofort und ohne Verzögerung mit der Herzdruckmassage beginnt. Das kann jedem und jeden Tag und überall begegnen.

 

Wakili: Im konkreten Fall ist es ja wirklich perfekt gelaufen, und dient wie von Herrn Lüdike erwähnt als Paradebeispiel, wie es ablaufen sollte. Aber nach der erfolgreichen Reanimation muss man auch weiterarbeiten: „Was war die Ursachen?“, „welche Maßnahmen kann bzw. muss man ergreifen?“, „muss man z.B. auch seine Kinder untersuchen lassen?“ etc.. Mit all diesen Fragen beschäftigen wir uns immer wieder am Standort der Universitätsmedizin Essen, wir bieten in unserer Spezialambulanz für Rhythmusstörungen das komplette Spektrum von Untersuchungen und Beratung an (auch für genetische Erkrankungen). Zudem haben wir im letzten Jahr unsere „Sportkardiologische Ambulanz“ für Leistungssportler etabliert, in der wir genau solche präventiven Untersuchungen anbieten und hier auch verschiedene Profimannschaften der Rhein-Ruhr-Region betreuen, um wenn möglich solche Ereignisse zu verhindern.