Paravasation bei Zytostatikagabe


Die nachfolgenden Hinweise zur Behandlung haben a u s s c h l i e ß l i c h empfehlenden Charakter und erheben nicht den Anspruch eines Behandlungsstandards oder einer unumstösslichen Behandlungsanleitung. In der Natur der Dinge liegend gibt es keine kontrollierten oder gar randomisierten Studien zur Paravasatbehandlung. Die Verantwortung in der Applikation der hier aufgeführten Medikamente liegt ausschliesslich bei dem jeweils behandelnden Arzt.

 

 

J. Barth

 

I. Häufigkeit und Prophylaxe

 

Bei einer intravenösen Chemotherapie kommen Paravasate bei 0,1-6% aller Patienten in Abhängigkeit von speziellen iatrogenen und patientenabhängigen Risikofaktoren wie z.B. ungünstige Wahl des Injektionsortes, auf einen Arm beschränkte Punktionsmöglichkeit bei Ablatio mammae, erhöhtes Alter (erhöhte Gefäßbrüchigkeit), schlechten Venenverhältnissen bei Adipositas, aber auch durch unzureichende Patienteninformation oder mangelnde Beachtung von Patientenbeschwerden vor. Bereits die Einteilung der Agenzien stellt sich in der Literatur inhomogen dar und hat teilweise anekdotischen Charakter. Während einige Zytostatika lokal untoxisch sind und intramuskulär (z.B. Methotrexat) oder subkutan (Asparaginase, Bleomycin, Cytarabin) gegeben werden können, führen die sogenannten "Vesikanzien" bei Extravasation zu Ulcerationen mit Gewebstod. Paravasationen können zu Schädigungen führen, die plastisch-chirurgische Deckungsverfahren, gelegentlich sogar gar eine Amputation erfordern. Deshalb dürfen Substanzen dieser Kategorie grundsätzlich nur bei gesicherter intraluminärer Lage und möglichst bei laufender Infusion appliziert werden. Nach einer Fehlpunktion darf keine Injektion distal der frustranen Punktion erfolgen. Eine Übersicht zum Nekrosepotential der einzelnen Substanzen gibt die nachfolgende Tabelle 1.

 

 

II. Pathophysiologie und klinischer Verlauf

 

Der zeitliche Ablauf einer paravasatinduzierten Gewebeschädigung sowie mögliche Therapiemaßnahmen sind in Tabelle 2 dargestellt. Ein Stillstand der Reaktion ist auf jeder dargestellten Stufe möglich, da eine Abhängigkeit von der Menge/Dosis und der Gewebstoxizität nachgewiesen ist. Die prolongierte nekrotisierende Wirkung von paravasal gelangten Zytostatika beruht, neben einer andauernden Gewebslokalisation, u.a. auf der Bildung von freien Radikalen (z.B. durch Anthrazykline), die unmittelbar zur Denaturierung von DNS führen. Bei Zelluntergang werden die DNS-Zytostatikakomplexe von den untergegangenen Zellen freigesetzt und von benachbarten Zellen durch Endozytose aufgenommen. Dies setzt einen Kreislauf in Gang, der sukzessive immer weitere Zellen in Mitleidenschaft zieht. Am Rande des nekrotischen Bezirkes findet sich nur eine geringe entzündliche Reaktion. Somit lässt sich dieser "Circulus vitiosus" nur durch radikale chirurgische Entfernung geschädigter Gewebeteile unterbrechen.

 

 

III. Sofortmaßnahmen und weitere Therapie

 

Berichtet der Patient während der Applikation eines Zytostatikums über Schmerzen, Rötung oder Schwellung im Bereich der Punktionsstelle, ist unverzüglich wie folgt zu handeln:

 

    * Sofortiges Stoppen der Infusion,

    * bei liegender Nadel Aspiration von Paravasat aus dem Gewebe,

    * Ruhigstellung der Extremität.

    * Gabe lokaler, sofern vorhanden spezifischer Antidota (s.u.).

 

Die Applikation von Wärme oder Kälte hat differenziert zu erfolgen. Während bei den meisten Zytostatika Kälteapplikation zur Diffusionsverlangsamung (z.B. Anthrazykline) vorteilhaft ist, ist Kälte nach Extravasation von Vincaalkaloiden kontraindiziert (s. Fußnote Tabelle 2). Vorteilhafter hat sich die Applikation trockener (!) Wärme zur Förderung des systemischen Abtransports gezeigt. Feuchte Wärme hingegen mazeriert das Paravasatgebiet und fördert die nekrotische Wirkung der Vincaalkaloide (Vinblastin, Vincristin, Vindesin, Vinorelbin).

 

 

IV. Antidota

 

Zur Behandlung von Paravasaten gibt es keine validierten Leitlinien sondern nur eine Reihe ähnlich lautender Empfehlungen, die auf anekdotischen Berichten oder tierexperimentellen Daten beruhen. Als Substanzen von gesichertem interventionellem Wert müssen Hyaluronidase und Dimethylsulfoxid angesehen werden.

 

Das Enzym Hyaluronidase depolymerisiert Hyaluronsäure, Chondroitin- und Mukoitinsulfate und bewirkt physiologischer weise als Diffusions- oder auch Spreitungsfaktor ("spreading factor") eine Strukturauflockerung von Binde- und Stützgeweben. Der Flüssigkeitsaustausch zwischen Geweben und dem Gefäßsystem wird erleichtert, ebenso die Ausbreitung von Fremdsubstanzen. Gemäß dieser Substanzeigenschaften können nach subkutaner/intradermaler Injektion interstitielle Räume geöffnet und/oder vergrößert werden, so dass eine systemische Aufnahme subkutaner Flüssigkeitsmengen erleichtert wird. Um die gewünschten Effekte zu erreichen, muss allerdings eine suffiziente Hyaluronidasedosierung gewählt werden. Hierzu wird die betroffene Region mit Hyaluronidase unterspritzt (1500 U/ 10 ml Aqua ad inject., entsprechend 150 U/ml). Diese großzügige Umspritzung des Paravasatareals ist für den Patienten mit starken, brennenden Schmerzen verbunden, die einer symptomatischen Therapie bedürfen. Dennoch liegt die Nutzen-Risikoabwägung eindeutig auf der Seite des Nutzens.

 

Dimethylsulfoxyd (DMSO)-Lösung wirkt topisch antiinflammatorisch, lokal anästhetisch, vasodilatatorisch sowie kollagenauflösend. Auf Grund seiner physikochemischen Eigenschaften penetriert DMSO in alle Gewebsebenen und wird daher auch als Penetrationsbeschleuniger eingesetzt. Dimethylsulfoxyd gilt als potenter Radikalfänger.

 

Dermatologische Effekte im Sinne von Nebenwirkungen sind konzentrationsabhängig, können allerdings schon ab einer Konzentration von 10% auftreten (Erytheme, Pruritus, Brennen, Stechen, gelegentliche Blasenbildung, Austrocknung und Schuppung der Haut; interindividuelle Unterschiede).

 

Die laut Literatur eingesetzten DMSO-Konzentrationen zur Behandlung eines Paravasats sind sehr inhomogen und rangieren zwischen 55-100%. Bei Paravasation wird eine Lösung bestehend aus z.B. 80%igem Dimethylsulfoxid (80 ml DMSO reinst + 20 ml Aqua ad iniectabilia) großzügig aufgetragen. Dieses Verfahren wird an den Tagen 1-3 in 4-stündigem Abstand, an den Tagen 4-14 in 6 stündigen Intervallen wiederholt (kein zu frühzeitiges Absetzten der DMSO-Medikation!). Zwischenzeitlich kann dexamethason- oder mometason-haltige Fettcreme auf den betroffenen Bereich aufgetragen werden. Das Anlegen eines (Okklusions-)Verbandes ist obsolet.

 

Neben diesen semispezifischen Antidota existieren zu drei weiteren Substanzen Berichte über ihren Einsatz bei Paravasationen. Die subkutane Gabe von Glukokortikoiden zur Entzündungs- und Schmerzhemmung sollte sehr gut abgewogen werden, da hochkonzentrierte Corticoidlösungen selbst lokale Reaktionen hervorrufen (hypertone, hyperonkotische Lösungen). Weiterhin können gewebsständige Immunzellen supprimiert werden was die Entstehung antibiotisch schwer beherrschbaren lokalen Infektion begünstigt. Nach Paravasation von Vincaalkaloiden verstärken Glucocorticoide nachweislich die Nekrose (Exazerbation).

 

(Aggressive) Alkylanzien sollen mit Natriumthiosulfat als Ersatznukleophil chemisch abreagieren. Dies trifft z.B. für Chlormethin, Mitomycin C, evtl. Estramustin zu, wobei die handelsübliche Thiosulfatlösung jedoch nicht unverdünnt zum Einsatz kommen darf. Je 5-6 ml einer 1/6 oder 1/3 molaren Lösung werden durch den noch liegenden Zugang periläsional s.c. injiziert. Nach mehreren Stunden soll die s.c.-Gabe wiederholt werden.

 

Der Eisenchelator Dexrazoxane Savene(R) (EMEA Fachinformation als PDF) wurde nach Anthracyclinparavasaten erfolgreich eingesetzt. Die Substanz muss binnen 6h nach der Extravasation hoch dosiert über drei Tage systemisch (!) appliziert werden (d1: 1000 mg/m2 KOF, an d2+3: 500 mg/m2 KOF). Die Substanz selbst ist zytotoxisch (Topo-II-Hemmer) und myelosuppressiv. Der klinische Stellenwert kann noch nicht abschliessend beurteilt werden.

 

Natriumhydrogencarbonat inaktiviert Carmustin chemisch (pH-Wert). Bei Anthrazyklinen wird der Zuckerrest durch den alkalischen pH des NaHCO3 abgespalten. Im Gewebe verbleibt der Anthrazenrest und stellt einen möglichen Grund für Spätschädigungen dar. Zur Vermeidung "iatrogener" Gewebsnekrosen muss die handelsübliche 8,4%ige Lösung verdünnt werden. Es sollte nur eine zweimalig auf das doppelte Volumen verdünnte Lösung zum Einsatz kommen (2,1%ige Lösung resp. Verdünnung 1:4). Es muss in jedem Fall eine Nachbehandlung mit DMSO erfolgen. Durch eine folgende Gabe von DMSO soll der Anthracenrest in das Gefäßsystem "geschleppt" werden. Man nutzt zum einen die Eigenschaft des Penetrationsbeschleunigers DMSO, zum anderen werden die von Anthrazyklinen gebildeten, gewebsschädigenden Radikale von DMSO abgefangen (Radikalfängerfunktion, s.o.).

 

 

V. Frühzeitige chirurgische Intervention

 

Der verbreitete chirurgische Standard ist ein Abwarten bis zum Auftreten der Nekrose, dann Nekrosektomie mit Wundversorgung und plastischer Deckung. Bereits 1993 publizierte Gault (14) eine Flush-out-Technik, um Vesikanzien jeglicher Art frühzeitig quantitativ aus dem Gewebe zu entfernen. Diese subkutane Spültechnik muss binnen 4 h nach Auftreten eines Paravasats angewendet werden und kann Haut-Weichteil-Defekte bzw. chronische Ulzerationen dramatisch reduzieren (15). Wegen des hohen Spezialisierungsgrades wäre diese Methode mit dem ansässgen Chirurgen zu diskutieren. 

 

 

VI. Notfallausstattung zur Paravasattherapie

 

Da die Prognose eines Paravasats entscheidend von der richtigen Akutbehandlung abhängt, muss sich auf jeder onkologischen Station ein Paravasateset mit folgender Ausstattung befinden:

  1. Kurzanleitung zur Paravasatebehandlung.
  2. Cold-Hotpack
  3. Einmalkanülen (s.c.- und i.v.-Kanülen)
  4. Einmalspritzen verschiedener Volumina (1, 2, 3, 5, 10 und 20 ml)
  5. Sterile Einmalhandschuhe (OP-Handschuhe)
  6. Sterile Kompressen
  7. Ampullen mit Aqua ad. inject.
  8. Dimethylsulfoxid (DMSO)
  9. Hyaluronidaseampullen (1500 U !)
  10. Natriumchloridlösung
  11. Glucocorticoidhaltige Salbe oder Creme (Dexamethason oder Mometason)
  12. (Natriumhydrogencarbonatlösung ?)
  13. Natriumthiosulfatlösung

 

 

VII. Zusammenfassung

 

Paravasate sind schwerwiegende Komplikationen einer Chemotherapie, die im Extremfall auch zum Verlust einer Extremität führen können. Somit bedürfen sie einer engmaschigen klinischen Kontrolle und frühzeitigen, zumindest unspezifischen symptomatischen Therapie, wobei der Stellenwert spezifischer Antidota noch nicht geklärt ist. Eine Nachbehandlung, insbesondere mit DMSO darf nicht zu frühzeitig abgebrochen werden (empfohlene Behandlungsdauer: 14 Tage). In ihrem Verlauf sollte schon bei den ersten Anzeichen einer beginnenden Nekrose eine chirurgische Intervention erwogen werden. Eine u.U. notwendige plastische Deckung kann als Elektiveingriff zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

 

 

Literatur

 

  1. Argenta LC, Manders EK (1983) Mitomycin C extravasation injuries. Cancer 51:1080-1082
  2. Barr, R.D., Sertic, J. (1981) Soft-tissue necrosis induced by extravasated cancer chemotherapeutic agents: a study of active intervention. British Journal of Cancer 44: 267-269.
  3. Barth, J. Bildat, S. (2000) Empfehlungen zur Behandlung von Paravasaten mit Vinorelbin Krankenhauspharmazie - im Druck
  4. Barth, J.(2000) Zytostatikaherstellung in der Apotheke. Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart, ISBN 3-7692-2656-9 (Grundwerk).
  5. Bertelli G, Gozza GB et al. (1995) Topical Dimethylsulfoxide for the prevention of soft tissue injury after extravasation of vesicant cytotoxic drugs-. a prospective clinical study. J Clin Oncol 13.11:2851-2855
  6. Cox K, Stuart-Harris R, Abdini G et al. (1988) The management of cytotoxic-drug extravasation.- guidelines drawn up by a working party for the Clinical Oncological Society of Australia. Med J Sust 148:185-189
  7. Dorr RT (1990) Antidotes to vesicant chemotherapy extravasations. Blood Rev 4:41-6
  8. Dorr, R.T., Alberts, D.S. (1985) Vinca alkaloid skin toxicity: antidote and drug disposition studies in the mouse. Journal of the National Cancer Institute 74: 113-120.
  9. Dorr, R.T., Bool, K.L. (1995) Antidote studies of vinorelbine-induced skin ulceration in the mouse. Cancer Chemotherapy and Pharmacology 36: 290-292.
  10. Dorr, R.T., Solble, M.J., Liddil, J.D., Keller, J.H. (1986) Mitomycin C skin toxicity in mice: reduced ulceration and altered pharmacokinetics with topal dimethyl sulfoxide. Journal of Clinical Oncology 4: 1399-1404.
  11. Duray PH, Cuono CB, Madri K (1986) Demonstation of cutaneous doxorubicin extravasation by rhodamine filtered fluorescence microscopy. J Surg Oncol 31:21-25
  12. Harwood K, Gonin R (1994) Short term versus long term cooling after doxorubicin extravasation: An Eastern Cooperative Oncology Group (ECOG) study. Proc Am Soc Clin Oncol 3 ? 447
  13. Larson DL (1982) Treatment of tissue extravasation by antitumor agent. Cancer 49-.1796-1799
  14. Loth RS (1986) Minimal surgical debridement for the treatment of chemotherapeutic agent-induced skin extravasation. Cancer Treat Rep 70: 401-404
  15. Loth TS, Eversmann WW (1986) Treatment methods for extravasation of chemotherapeutic agents: a comparative study. J Hand Surg 1 IA - 338 ?396
  16. Nobbs P, Barr RD (1983) Soft-tissue injury caused by antineoplastic drugs is inhibited by topical dimethyl sulphoxide and alpha tocopherol. Br J Cancer 48:873-876
  17. Okano T, Ohnuma R, Efremidis A et al. (1983) Doxorubicin-induced skin ulcer in the piglet. Cancer Treat Rep 67:1075-1078
  18. Olver IN, Aisner J, Hament A et al. (1988) A prospective study of topical dimethylsulfoxide for treating anthracycline extravasation. J Clin Oncol 6- 1732-1735
  19. Olver, I.N., Aisner, J., Hament, A., Buchanan, L., Bishop, J.F., Kaplan, R.S. A prospective study of topical dimethyl sulfoxide for treating anthracycline extravasation. Journal of Clinical Oncology 1988; 11: 1732-1735.
  20. Reilly Jj, Neifeld JP, Rosenberg SA (1977) Clinical course and management of accidental adriamycin extravasation. Cancer 40:2053-2056
  21. Rudolph R, Larson DL (1987) Etiology and treatment of chemotherapeutic agent extravasation injuries: a review. J Clin Oncol 5 - 1116-1126
  22. Schneider, M.S., Distelhorst, C.W. (1989) Chemotherapy-induced emergencies Seminars in Oncology 16: 572-578.

 


 

 

Tabelle 1: Lokale Toxizität von Zytostatika nach Paravasation.

Schwach reizend (nicht vesikant)

Reizend (irritant)

Nekrose induzierend ( vesikant)

Asparaginase 1

Carmustin

Aclarubicin

Bleomycin 1

Dacarbazin

Amsacrin

Carboplatin

(Docetaxel) 1

[Chlormethin (MustargenÒ)]

Cisplatin

Estramustin

Dactinomycin

Cladribin

Mitoxantron 1

Daunorubicin

Cyclophosphamid

(Paclitaxel?) 1

Doxorubicin

Cytarabin 1

(Thiotepa?) 1

Epirubicin

Etoposid

 

Idarubicin

Fludarabin

 

Mitomycin C

5-Fluorouracil 1

 

(Treosulfan) 4

Fotemustin

 

Vinblastin

Gemcitabin

 

Vincristin

Ifosfamid

 

Vindesin

Irinotecan

 

Vinorelbin

Melphalan 2

 

 

Methotrexat 1

 

 

Oxaliplatin

 

 

Pentostatin

 

 

Raltitrexed

 

 

Teniposid 3

 

 

Topotecan

 

 

 

Legende:

 

  1. Die Kategorie "Schwach reizend" ist als relativ zu sehen, da einige Substanzen auch s.c. und/oder i.m. gegeben werden können (Asparaginase, Bleomycin, Cytarabin). Von Asparaginase ist bekannt, dass sie bei i.m.-Gabe Schmerzen verursachen kann (Substanzeffekt). Thiotepa soll auch i.m. gegeben werden können. Auf Mitoxantron, Doce- und Paclitaxel wird unterschiedlich reagiert; teilweise ist eine Behandlung nicht notwendig. Fluorouracil und Methotrexat verursachen bei Hautkontakt behandlungsbedürftige Reaktionen. Eventuelle Blasenbildung nach 5-Fluorouracil-Extravasation ist vollständig reversibel, mit Uridinsalbe gut behandelbar. Alle Platinderivate können typische Reaktionen einer Schwermetallallergie auslösen.
  2. Melphalan gilt als non-vesicant. Der Hersteller warnt jedoch vor Gewebsschäden nach Extravasation. Vermutlich wg. der enthaltenen Hilfsstoffe: u.a. Salzsäure, Ethanol / Propylenglykol.
  3. Hautkontakt von Etoposid-Lösung bewirkt Reizungen. Extravasate werden oftmals nicht bemerkt und verlaufen "stumm". Vermutlich lokalanästhetische Wirkung des enthaltenen Benzylalkohols. Analoges Verhalten bei Teniposid wahrscheinlich.
  4. Mit der Zeit frei werdende Methansulfonsäure (pH = 1 !).

 


 

 

Tabelle 2: Klinik und Therapie von Paravasaten im zeitlichen Ablauf.

Zeit

Symptom

Maßnahme

Tage 0-7

Erythem, Ödem, (Schmerz)

Kühlen oder wärmen, Ruhigstellen, ggf. Antidot

Tage 8- 10

Überwärmung, Schmerz

Kühlen; Ruhigstellen, ggf. Antidot

ab Tag 7

beginnende Ulcerationen, Schmerzen

frühzeitige chirurgische Intervention mit sicherer Excision im Gesunden;
ggf. Fortsetzen der DMSO-Applikation

Monat 2-4

Zunahme der Ulcera, roter Randwall, gelblicher Grund, Schmerzen

Nekrosektomie unter Schonung neurovaskulärer Strukturen

Elektiv

reizfreier Gewebedefekt

plastische Deckung

 


 

 

Autoren:
Jürgen Barth , Apotheker für Klinische Pharmazie,
E-Mail: juergen.barth@uni-due.de
Apotheke (Leitung: Ltd. Reg. Pharm. Dir. Dr. H. Schneemann)


Der Artikel erscheint in: Seeber, Schütte: "Therapiekonzepte Onkologie", Springer Verlag , 2007

HTML-Bearbeitung:
J. Hense, Innere Klinik (Tumorforschung),
E-Mail: joerg.hense@uni-due.de

Stand: 20.04.2007

 


 

 

01/06 2008

 

Paravasate mit Trabectidin (Yondelis (R), ET-743)

 

Nach der Zulassung durch die EMEA zur Behandlung von Weichteilsarkomen (Liposarkome, Leiomyosarkome) wird Trabectidin (ehem. ET-743) unter dem Handelsmnamen Yondelis(R) ab dem 19. Sept. 2007 von PharmaMar in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien vertrieben.

 

Über die Behandlung von Paravasaten mit Trabectidin ist wenig bekannt. Ein Mitteilung dazu von der Herstellerfirma PharmaMar ist im folgenden zu finden.

 


 

 

01/06 2008

 

Yondelis® (Trabectedin): Management of extravasation

 

Yondelis® (trabectedin) is a novel DNA-binding agent that was originally derived from the marine tunicate Ecteinascidia turbinata, and is now produced synthetically. It has recently been granted Marketing Authorization by the European Commission for the treatment of patients with advanced soft tissue sarcoma, after failure of anthracyclines and ifosfamide, or who are unsuited to receive these agents. Efficacy data are based mainly on liposarcoma and leiomyosarcoma patients.

 

Yondelis is a cytotoxic anticancer medicinal product and, as with other potentially toxic compounds, caution should be exercised during handling. Procedures for proper handling and disposal of cytotoxic medicinal products must be followed.

 

Accidental contact with the skin, eyes or mucous membranes must be treated immediately with copious amounts of water.

 

Trabectedin is not an inducer of vesicular damage, and there is no antidote.

 

When there is an  extravasation, a general conservative approach is recommended to avoid any supplemental irritation or inflammation to the affected area. The standard protocol available at the hospital should be applied (to stop the infusion, to try to eliminate the leaked drug, and in some centres corticosteroids are administered to the patient). It is always important to do a strict follow-up of the case.

 

Very few cases of extravasation have been reported. More than 4,000 patients have been treated up to now with Yondelis, and only ten cases of extravasation have been reported. In those cases, a local inflammatory reaction was observed, with pain, inflammation and skin redness. After local treatment with corticoids, and sometimes with ice, the patients recovered in 24 hours without any additional complication.

 

PharmaMar Medical Information
Updated October 2007