22.10.2008
Essener Tranplanteure verpfanzen 3000. Niere und 1,500 Leber

V.l.nr. Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Eigler, Pionier der Transplantationchirurgie am UK Essen,

Der Schwerpunkt Transplantation am UK Essen feiert gleich zwei Jubiläen: Die Chirurgen pflanzten jetzt dem 3000. Patienten eine Niere und dem 1500. eine Leber ein. ?Ein großartiger Erfolg für unsere Transplanteure und das Viszeralzentrum. Die systematische Stärkung und Entwicklung dieses klinischen und wissenschaftlichen Schwerpunktes zahlt sich aus. Wie die Zahlen belegen, ist das UK Essen auf diesem Gebiet ohne Zweifel eines der größten und erfolgreichsten Zentren Europas?, freut sich Prof. Gerald Holtmann, Ärztlicher Direktor des UK Essen.

 

 

Erfolg durch Teamarbeit

 

Insgesamt ist an der Behandlung der Patienten, ihrer Vorbereitung auf die Operation und der lebenswichtigen Nachsorge ein Team von über 100 Ärzten und Wissenschaftlern beteiligt. Darunter sind alleine 30 Chirurgen. ?Nur durch unsere gute und enge Zusammenarbeit ist es möglich, das wir erstmals führend sind im Eurotransplantgebiet bei Transplantationen der Leber?, betont der Kommissarische Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie Prof. Andreas Paul. Mit der Gründung des Viszeralzentrums vor rund einem Jahr hat das UK Essen eine neue interdisziplinäre Einrichtung erhalten.

 

 

Die Operateure seiner Klinik verpflanzten in diesem Jahr bereits dem 115. Patienten eine neue Leber. Bereits nach zehn Monaten konnte das Viszeralzentrum des UK Essen die Anzahl der Lebertransplantationen aus den Vorjahren übertreffen. ?Für das Jahr 2008 wären das hochgerechnet fast 150 Transplantationen, einer Steigerung um 65 Prozent gegenüber dem Vorjahr?, erklärt Prof. Paul. Für Essen wäre dies die höchste Zahl seit Bestehen des Transplantationsprogramms 1987.

 

 

 

Neuer Leberverteilungsmodus: Essener Klinik erhält mehr Organe

 

Dass in Essen besonders vielen Betroffenen eine Leber von Eurotransplant zugeteilt wird, liegt u.a. an der Schwere der Erkrankung dieser Patienten. So gilt seit zwei Jahren bei Eurotransplant als Verteilungsmodus von Spenderlebern zu möglichen Empfängern der so genannte MELD-Score (Model of End Stage Liver Disease). Er dient zur Abschätzung der Mortalität von Patienten im Endstadium einer Leberzirrhose. Der errechnete Wert kann von sechs (leichte Erkrankung) bis 40 (schwere Erkrankung) reichen. Eine weitere entscheidende Ursache für das Ansteigen der Lebertransplantationen liegt in der konsequenten Nutzung von gespendeten Organen. ?Aufgrund erweiterter Kriterien können wir nun auch Organe nutzen, die sich früher nur bedingt für eine Transplantation eigneten?, erläutert Prof. Paul. Der Erfolg gibt ihm Recht. Denn trotz schwerstkranker Patienten liegt die postoperative Überlebensrate bei bis zu 90 Prozent. Leider besteht in Deutschland jedoch weiterhin ein Mangel an geeigneten Spenderorganen. So versterben immer noch rund zehn Prozent der Patienten, die auf der Warteliste stehen.

 

 

3.000 Nieren transplantiert

 

Die Anzahl der Patienten, die eine Dialysetherapie benötigen, nimmt Jahr zu Jahr zu. Nur wenigen Patienten steht heute die Möglichkeit einer Nierentransplantation offen. Denn in Deutschland besteht weiterhin ein Mangel an Spenderorganen. Im Transplantationszentrum Essen werden jährlich weit über 100 Nieren transplantiert. Damit diese große Zahl an Nierentransplantationen realisiert werden kann, haben die Essener Mediziner neue Programme entwickelt. ?Dies sind insbesondere die Lebendnierentransplantation, ein Verfahren für hochimmunisierte Patienten und die Transplantation bei unterschiedlichen Blutgruppen?, erklärt Professor Andreas Kribben, Direktor der Klinik für Nephrologie. Sein Team betreut Patienten vor einer Transplantation, um sie für den Eingriff vorzubereiten. Dabei entwickeln sich enge persönliche Beziehungen zu den Patienten. ?Bei der Transplantation trifft der Patient so auf vertraute Personen, die mit ihm den Weg in das Neue gehen?, so Kribben. Auch nach geglückter Transplantation bleibt der Kontakt des nierentransplantierten Patienten zum Transplantationszentrum am UK Essen erhalten. Jährlich betreuen die Mitarbeiter der Nierentransplantationsambulanz der Klinik für Nephrologie mehr als 1000 Patienten. ?Damit die Funktion des Transplantates erhalten bleibt, betreuen wir unsere Patienten nach dem ganzheitlichen Konzept.  Nicht nur medizinische nur sondern auch private und psychologische Bedürfnisse werden dabei berücksichtigt?, betont Prof. Kribben.

 

 

Schon über 500 Kinder transplantiert ? Erfolge auch bei anderen Transplantationsarten

 

Nicht nur Erwachsene benötigen neue Organe: So wurden in Essen bereits 500 Kinder transplantiert, 300 erhielten eine Niere und 200 eine Leber. ?Die Transplantation bei Kindern erfordert einen hohen Spezialisierungsgrad. Nur sehr wenige Zentren können auf diese Erfahrung zurückgreifen?, erläutert Prof. Peter Hoyer, Direktor der Kinderklinik II.  Im Westen Deutschlands ist Essen das einzige Transplantationszentrum, das Leber- und Nierentransplantationen bei Kindern durchführt. 

 

 

Steigende Zahlen verzeichnet das UK Essen auch bei der Transplantation der Lungen. So haben im Westdeutschen Herzzentrum Essen in diesem Jahr bereits 32 Patienten neue Lungen bekommen. Und die Klinik für Knochenmarktransplantation ist nach wie vor die größte Europas.

 

 

Ein Blick zurück ? wie die Essener Transplantationsmedizin begann

 

?Als ich 1971 auf den Lehrstuhl für Allgemeine Chirurgie nach Essen berufen wurde, hatte ich bereits das Transplantationszentrum in Köln aufgebaut und zusammen mit dem Urologen Professor Nagel 1968 dort die erste Nierentransplantation erfolgreich durchgeführt?, erklärt Prof. Friedrich Wilhelm Eigler, der die Essener Transplantationsmedizin aufbaute. Am 5. Juli 1972 fand dann nach intensiven Vorbereitungen hier die erste Nierentransplantation statt. Ein noch zeitintensiveres und organisatorisch aufwendigeres Unterfangen als heute: Die Entnahme der Organe musste organisiert und oft dann im weit entfernten Krankenhaus durchgeführt werden. Der Transport des Organs erfolgte in großen Kühlboxen, bevor dann in Essen die eigentliche Transplantation stattfinden konnte.

 

 

Erst ab 1975 änderte sich diese Organisation der Transplantation in Deutschland grundlegend. Zusammen mit dem Vorsitzenden des Kuratoriums für Dialyse und Nierentransplantation (KfH) und einem Münsteraner Nephrologen konnte Prof. Eigler ein Modell zur Förderung der Nierentransplantation anregen, das zunächst in München und ab 1977 auch in Essen mit einem Vertrag zwischen dem Uni-Klinikum, dem KfH und den Krankenkassen wirksam wurde. Inhalte des Vertrages: Neben dem pflegerischen Bereich wurde vor allem die Zusammenarbeit zur Organspende und die Logistik mit Eurotransplant zur Organvermittlung nach Gewebemerkmalen intensiviert.

 

 

1987 erste Lebertransplantation in Essen

 

Die erfolgreiche Arbeit in der Transplantation in Essen zeigte sich bereits 1982 in der 500. und 1988 in der 1000. Nierentransplantation. Auf der Basis dieser großen Transplantationserfahrung wurde nach intensiver Vorbereitung 1987 in Essen die erste Lebertransplantation erfolgreich durchgeführt. Dieses Programm konnte mit der Fertigstellung des Operativen Zentrums II 1989 weiter ausgebaut werden und wurde auch auf die Kinder-Lebertransplantation ausgeweitet. ?1998 hatten wir mehr als 300 Lebertransplantationen durchgeführt?, berichtet Prof. Eigler.

 

 

Parallel zu den klinischen Entwicklungen gingen zahlreiche Initiativen im Transplantationsbereich von Essen aus: So war Prof. Eigler von 1976 bis 1995 Präsidiumsmitglied im Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation (KfH) und nach der Gründung der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) dort von 1984 bis 1994 Stiftungsratsmitglied. Als Sachverständiger nahm er an der Erarbeitung der Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland zu Organtransplantationen 1989/90 teil.

 

 

Als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Transplantationszentren konnte er sich ab 1990 einbringen, nach der Wiedervereinigung die Transplantationszentren der ehemaligen DDR zur gemeinsamen Arbeit zusammenzuführen. Ein Internationales Symposium zur Organtransplantation, ermöglicht durch das großzügige Engagement des Initiativkreises Ruhrgebiet, fand unter seiner Leitung 1992 in Essen statt -  gemeinsam mit der 1. Tagung der neu gegründeten Deutschen Transplantationsgesellschaft. Bei den schwierigen Vorbereitungen zum Transplantationsgesetz war er ebenso aktiv beteiligt wie an vielen nationalen und internationalen Aktivitäten im wissenschaftlichen und logistischen Bereich der Organtransplantation. Schließlich wurde ihm von 2001-2004 der Vorsitz der Überwachungskommission nach dem Transplantationsgesetz bei der Bundesärztekammer übertragen.