26.06.2018
„Beim Warnstreik wird Patientenleben gefährdet“:

Universitätsmedizin Essen fordert ver.di und Tarifgemeinschaft deutscher Länder auf, wieder über Entlastungs-Maßnahmen für die Beschäftigten zu verhandeln

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Gewerkschaft ver.di hat für Mittwoch, 27. Juni 2018, zu einem erneuten, jetzt 48-Stunden-Warnstreik am Universitätsklinikum Essen (UK Essen) aufgerufen und den Vorstand des Uniklinikums aufgefordert, einen Tarifvertag „Entlastung“ zu verhandeln. Der Vorstand der Universitätsmedizin Essen (UM Essen) und ver.di haben am Montagabend eine Notdienstvereinbarung für die Streiktage abgeschlossen, in der der Minimalbetrieb einer bestreikten Klinik geregelt wird.

Durch den zweitägigen ver.di-Warnstreik wird es spürbare Beeinträchtigungen im Klinikbetrieb geben. Geplante Operationen fallen aus, es gilt, die Versorgung von Notfällen aufrecht zu erhalten. Deutliche längere Wartezeiten sind unvermeidbar.  „Wir werden alles tun, um das hohe Niveau unserer Krankenversorgung aufrecht zu erhalten“, betont Prof. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Essen, und warnt: „Arbeitskämpfe in Krankenhäusern unterscheiden sich dramatisch von denen in anderen Bereichen. Es kann in einem solch sensiblen System, wie es eine Uniklinik ist, akut zu schwersten Notsituationen kommen. Ein Streik wird damit auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten ausgetragen, deren Behandlung sich in vielen Fällen zumindest verzögert. Im Extremfall wird Patientenleben gefährdet.“

Wie auch ver.di weiß, darf das Universitätsklinikum Essen schon aus rechtlichen Gründen nicht den geforderten „Tarifvertrag Entlastung“ verhandeln. Das UK Essen ist laut Hochschulgesetz NRW zwingend Mitglied des Arbeitgeberverbandes des Landes Nordrhein-Westfalen und damit an die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) gebunden. Die TdL lehnt es ab, dass einzelne Mitglieder Verhandlungen zu dem von ver.di geforderten „Tarifvertrag Entlastung“ führen. Deshalb fordert die UM Essen ver.di und TdL auf, diese Position zu überdenken, Verantwortung zu übernehmen und entsprechende Gespräche zur Reduzierung der bekannten Arbeitsverdichtung und damit zur Entlastung der Beschäftigten wieder aufzunehmen. Auch, damit der Arbeitskampf nicht weiter zum deutlich spürbaren Nachteil der Patientinnen und Patienten in den bestreikten Kliniken ausgetragen wird.

Die derzeit einzige Möglichkeit für die Beschäftigten des Universitätsklinikums Essen, insbesondere in der Pflege, Verbesserungen zu erzielen, besteht in Vereinbarungen unterhalb der Tarifebene. Hier wurden seit März 2018 konstruktive Gespräche zwischen Vorstand und Personalvertretung geführt, aber dann Anfang Mai von ver.di abgebrochen. Der Vorstand des Universitätsklinikums Essen möchte diesen konstruktiven Gesprächs-Dialog mit Gewerkschaft und Personalvertretung gerne wieder aufnehmen, weil er davon überzeugt ist, dass eine Verbesserung der Situation nur gemeinsam gelingen kann. Und nicht gegeneinander, wie jetzt im Streik, unter dem durch die Mehrbelastung an diesen Tagen auch diejenigen leiden, für deren Entlastung sich ver.di eigentlich engagieren will. Betroffen sind zudem auch die Kinder der Beschäftigten, weil die Kindertagesstätte des UK Essen ebenfalls bestreikt wird. „Hier setzt ver.di mit ihren Arbeitskampfmaßnahmen an einer empfindlichen Stelle der Mitarbeiterschaft an, bei deren Kindern, beim Familiengefüge“, so der Kaufmännische Direktor Thorsten Kaatze.

„Ver.di fordert ständig mehr Personal, weiß aber auch, dass durch die bekannt angespannte Situation auf dem Arbeitsmarkt für qualifizierte Pflegekräfte aktuell kaum offene Stellen besetzt werden können“, fasst die Pflegedirektorin Andrea Schmidt-Rumposch die Situation zusammen.

Der Vorstand des Universitätsklinikums Essen hat, wohlwissend um die Arbeitsverdichtung, in den vergangenen Jahren gezielt Stellen im Pflegedienst geschaffen. So sind heute über 150 Beschäftigte mehr im Pflegedienst tätig als noch Anfang 2016. Dieser Trend soll sich fortsetzen. Aus diesem Grund werden die Ausbildungsplätze in der Pflege weiter ausgebaut. Die Universitätsmedizin Essen bildet derzeit kontinuierlich 450 Beschäftigte in verschiedensten Gesundheitsberufen aus. Ab Herbst 2018 werden in der Gesundheits- und Krankenpflege weitere Ausbildungsplätze eingerichtet und diese Zahl weiter aufgestockt. Ab dem nächsten Jahr wird auch die Ausbildung in der Krankenpflegeassistenz wieder in der Universitätsmedizin Essen etabliert, um somit ein breites und durchlässiges Ausbildungsangebot in der Pflege anzubieten.

Das Universitätsklinikum Essen ist zudem Treiber bei zahlreichen innovativen Projekten, wie beispielsweise der Kooperation mit Partnern wie dem Job-Center und der Diakonie: Mit ihnen wurde vor knapp zwei Jahren ein besonderes Förderprogramm für Flüchtlinge aufgelegt, das den Teilnehmern eine berufliche Perspektive bietet und gleichzeitig dem bekannten Pflegemangel entgegensteuert.

„Neben der Investition in die Ausbildung und Personalgewinnung werden zielgerichtete Personalentwicklungsmöglichkeiten für die Beschäftigten geschaffen. Auch hier sind bereits erste Erfolge sichtbar, wie etwa die Weiterentwicklung der Pflegeexpertenstruktur und APN-Modelle (Advanced Practice Nurse)“, betont die Pflegedirektorin Andrea Schmidt-Rumposch.

Im Rahmen der Entwicklung zum Smart Hospital soll zudem bestehendes Pflegepersonal von patientenfernen Aufgaben entlastet werden, etwa durch die Implementierung IT-gestützter Assistenzsysteme sowie die Einführung der Elektronischen Patientenakte.

Service:

Für Patientinnen, Patienten und deren Angehörige hat das Universitätsklinikum Essen an den zwei Streiktagen eine Telefon-Hotline eingerichtet. Dort werden Anfragen beantwortet. Die Hotline (0201) 723–6555 ist am Mittwoch und am Donnerstag jeweils von 7 bis 18 Uhr besetzt.