07.07.2011
Ein Herz für die Vorsorge

10 Jahre Heinz Nixdorf Recall Studie

Herz-Kreislauferkrankungen sind die häufigste Todesursache in den westlichen Industriestaaten. Oft treten Herzinfarkt und Herztod ohne vorherige Warnzeichen auf. Zwar sind in der Behandlung von Herzerkrankungen große Fortschritte erzielt worden, doch das nutzt nur Menschen, die tatsächlich in Krankenhäusern behandelt werden. „Es verstirbt immer noch jede zweite vom akuten Herzinfarkt betroffene Patient, bevor er das Krankenhaus erreicht. Es ist daher wichtig, Methoden zu entwickeln, eine Herzerkrankung frühzeitig zu erkennen und damit den Herztod oder Herzinfarkt verhindern zu können. Daher haben wir vor zehn Jahren die Heinz Nixdorf  Recall Studie ins Leben gerufen, die ohne die Förderung durch die Heinz Nixdorf Stiftung und dem damaligen Vorsitzenden Dr. Schmidt nicht möglich gewesen wäre“, erläutert Prof. Dr. Raimund Erbel, Direktor der Klinik für Kardiologie am UK Essen. Nach der Gründung der Langzeitstudie sind im Erhebungszentrum zwischen dem Jahr 2000 und 2003 4.800 Bürger der Städte Essen, Bochum und Mülheim a. d. Ruhr untersucht worden. Diese bilden als Teilnehmer der Studie die so genannten „Recaller“.


Um sich bei den untersuchten Menschen sowie den Förderern zu bedanken, stellen Wissenschaftler und andere Beteiligte am Sonntag, 10. Juli, in einem Wissenschaftsmatinee in der Essener Philharmonie Resultate dieser erfolgreichen Langzeitstudie vor. Neben pointierten Vorträgen und lebendigen Podiumsdiskussion werden die Ergebnisse den über 1.000 geladenen Gästen vorgestellt. Mit dabei sind neben Medizinern auch Politiker und Wissenschaftler wie NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze, den Oberbürgermeister der Stadt Essen Reinhold Paß, der Rektor der Universität Duisburg-Essen Prof. Dr. Ulrich Radtke, der Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen Prof. Dr. Michael Forsting sowie die beiden Vorstände der Heinz Nixdorf Stiftung Martin Nixdorf und Dr. Bernd Klein.


Sie sprechen und diskutieren über Themen wie: Gibt es eine erbliche Vorbelastung für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder den Herzinfarkt? Wie ernähre ich mich richtig? Wie kann ich als Bewohner eines der größten Ballungszentren Europas gesund leben und gesund bleiben? Was müssen Politik und Gesellschaft tun, um der steigenden Schadstoffbelastung durch den zunehmenden Verkehr Einhalt zu gebieten? Welchen Einfluss hat Arbeit auf die Gesundheit? Wie bleibe ich auch im Alter geistig beweglich? Was ist gesunder Schlaf?


„Nicht auf all diese Fragen haben wir einfache und schnelle Antworten gefunden. Aber in zehn Jahren Heinz Nixdorf Recall Studie haben wir viele Ursachen erkannt, Gefahrenquellen eingekreist und Methoden der Früherkennung herausgefunden. Moderne Diagnoseverfahren, erstmalig in der Studie an einer großen Teilnehmerzahl angewandt, helfen uns dabei“, so Karl-Heinz Jöckel, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, der zusammen mit Prof. Raimund Erbel die Studie im Jahr 2000 initiiert hat. So hat sich herausgestellt, dass bildgebende Verfahren in der Lage sind, eine Herzinfarktgefährdung besser vorherzusagen als die alleinige Blutuntersuchung. Zudem konnte erstmals in Europa das normale Maß der Ablagerungen in den Herzgefäßen dokumentiert werden. Auch den deutlichen Zusammenhang zwischen Feinstaubbelastung und einer stärkeren Verkalkung der Herzkranzgefäße und anderer Gefäße wurde nachgewiesen. Dass für die Studie ein breiter Querschnitt der Bevölkerung Grundlage der Untersuchungen war, hat maßgeblich zum Erfolg beigetragen. Denn die Heinz Nixdorf Recall Studie ist die erste bevölkerungsbasierte Studie dieser Art in Europa.


Derzeit startet die Heinz Nixdorf Recall Studie gerade die dritte Untersuchungsreihe, zu der sie wieder alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer einlädt. Diesmal soll aufgeklärt, ob die Risikofaktoren für einen Herzinfarkt auch andere chronische Erkrankungen auslösen oder verstärken. Ein weiteres besonderes Augenmerk wird dabei auf die geistige und körperliche Beweglichkeit und auf gesundheitliche Einflüsse der alltäglichen Arbeit gelegt. Einen weiteren Fokus richtet die Studie auf die generationsübergreifende Forschung. So sollen Kinder und Partner der Studienteilnehmer untersucht werden, um herauszufinden, ob und inwieweit Risikofaktoren, vererbte Faktoren und Umweltfaktoren sowie soziale und psychosoziale Bedingungen die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beeinflussen. Die Anstrengungen in dieser bislang einzigartigen Studie dienen dabei einem gemeinsamen Ziel: Die Vorbeugung und Früherkennung von Erkrankungen auch für zukünftige Generationen entscheidend zu verbessern.