Weichteilsarkome


Prof. Dr. Sebastian Bauer

Was sind Sarkome?

Der menschliche Körper besteht aus einer Vielzahl verschiedener Gewebearten, die von bestimmten Zelltypen gebildet werden. Diese Gewebe gehen im Verlauf der embryonalen Entwicklung aus drei verschiedenen "Urgeweben" hervor. Das sogenannte Ektoderm bildet den Ursprung für Zellen von Haut, Haaren, Gehirn, Nerven und Sinnesorganen. Aus dem Endoderm entstehen u.a. die Oberflächen (Schleimhäute) der Lunge, der Harnblase und des Verdauungstraktes sowie Brustdrüse, Leber und Bauchspeicheldrüse. Tumoren die aus diesen Geweben entstehen, werden als Karzinome bezeichnet.

Aus dem sogenannten Mesoderm gehen u.a. der Stütz- und Bewegungsapparat (Knochen, Muskeln), die Weichteile (s.u.) und das Blut- und Lymphgefäßsystem hervor. Diese Gewebetypen werden im ausgereiften Zustand als mesenchymale Gewebe bezeichnet. Nahezu alle malignen Tumoren, die aus solchen mesenchymalen Geweben entstanden sind, werden als Sarkome bezeichnet. Das Wort Sarkom setzt sich dabei aus den griechischen Worten "sarcos" Fleisch und "oma" Geschwulst zusammen. Da es aber, wie schon oben erwähnt, unterschiedliche Gewebetypen gibt, werden Sarkome unterteilt nach ihrem jeweiligen Ursprungsgewebe bzw. ihrer Ähnlichkeit zu vorhandenen Gewebstypen: Grob unterteilen lassen sich Knochensarkome, Knorpelsarkome und Weichgewebssarkome, wobei diese wiederum in verschiedene Unterformen unterteilt werden.

Es sind etwa 15 klinisch bedeutende Untergruppen von Sarkomen beschrieben, wobei Pathologen diese noch einmal in zahlreiche weitere Untergruppen unterteilt haben. (Tabelle 1)



Gibt es auch "Nicht-Weichgewebs"-Sarkome?

Wie oben erwähnt, umfasst die Gruppe der Sarkome bösartige Tumore, die aus mesenchymalen Geweben hervorgehen. Darunter fallen zum Beispiel auch die Knochen. Diese bilden unter anderem aufgrund ihrer besonderen klinischen Charakteristika eine eigene Untergruppe, die Knochensarkome. Man unterscheidet dabei v.a. das Osteosarkom (s.o.), das Ewing-Sarkom und das Chondrosarkom. 
Das Ewing-Sarkom erhielt seinen Namen durch den Pathologen, der diese Unterform der Sarkome erstmals beschrieben hat (James Ewing, New Yorker Pathologe, 1866-1943). Seit kurzem rechnet man die primitiven neuroektodermalen Tumoren (PNET) zur Gruppe der Ewingsarkome hinzu bzw. rechnet sie einer Tumoruntergruppe gemeinsam zu. In der Literatur wird man daher häufig die beiden Begriffe zusammen als "Ewing-Sarkom/PNET" finden.



Sind Sarkome häufig?

Im Vergleich zu den häufigsten Tumoren, wie zum Beispiel Lungenkrebs und Brustkrebs sind Sarkome selten. In Deutschland gibt es schätzungsweise zwischen 1000 und 2000 Neuerkrankungen pro Jahr.



Sind Sarkome häufiger bei Kindern oder Erwachsenen?

Sarkome können prinzipiell in jedem Alter auftreten. Im Kindesalter kommen in der Regel andere Untergruppen von Sarkomen als bei Erwachsenen vor. Zudem machen die Sarkome bei Kindern/Jugendlichen einen deutlich höheren Anteil der bösartigen Tumoren insgesamt aus.



Wie entsteht ein Sarkom?

Die Ursachen für die Entstehung von Sarkomen sind weitgehend ungeklärt. Die Exposition mit einigen Industriegiften wurde vor einigen Jahren als mögliche Ursache für Sarkome postuliert, allerdings konnte ein sicherer Beweis dafür letztlich nicht geführt werden. Nach vorangegangener Strahlentherapie können selten einmal Sarkome im Bereich der bestrahlten Körperregion beobachtet werden. Im weiteren werden Sarkome bei bestimmten angeborenen Gendefekten beobachtet, die dann häufig zur Ausbildung verschiedener Tumoren führen. Diese Syndrome sind aber sehr selten und machen nur einen verschwindend geringen Anteil der Sarkome aus. Das heißt, dass nahezu alle Sarkome "spontan" auftreten; eine Ursache lässt sich in den allermeisten Fällen nicht finden. Das Risiko für eine Vererbung ist sehr gering - dennoch sollte bei jedem Erstgespräch eine Familienanamnese erhoben werden. Fragen Sie ggf. Ihren betreuenden Arzt dazu. 



Woran erkennt man ein Weichgewebssarkom?

Die Verdachtsdiagnose eines Weichteilsarkoms zu stellen, bedeutet eine Herausforderung, da dieses anfangs oft nicht eindeutig von gutartigen Veränderungen zu unterscheiden ist. Weichteilsarkome haben, wie alle bösartigen Tumoren, die Eigenschaft, unbehandelt immer weiter zu wachsen. Wann man ein Sarkom erkennt, hängt also vor allem davon ab, wo es liegt und wann es Beschwerden macht. Bei Sarkomen, die an Armen oder Beinen auftreten, bildet sich häufig über mehrere Wochen und Monate eine schmerzlose Schwellung aus. Gelegentlich fallen diese nach kleineren Verletzungen auf und werden zunächst als Prellung fehlgedeutet. Sehr viel häufiger sind auch sog. Lipome (gutartige Fettgeschwulste) oder Fibrome (gutartige Bindegewebsgeschwülste), die bei sehr vielen Menschen an verschiedenen Stellen des Körpers vorkommen. Die meisten Sarkome wachsen zunächst verdrängend, d.h. sie schieben das umliegende Gewebe zur Seite. Erst wenn zum Beispiel Nerven von dem Tumor gedehnt oder angegriffen werden, kommt es zu Schmerzen. Bei Sarkomen, die primär im Bauchraum auftreten, dauert es häufig länger, bis sie bemerkt werden. Unter Umständen können Sarkome einen Großteil des Bauchraumes einnehmen, ohne dass eine äußerliche Schwellung, Schmerzen oder Verdauungsprobleme auftreten.

Weichgewebslsarkome treten zu 40% an den Beinen, zu je 15% am Hals und den Armen sowie zu 30 % am Körperstamm bzw. im Brustkorb oder Bauchraum auf. Knochensarkome führen häufig zu bewegungsunabhängigen Schmerzen im betroffenen Arm oder Bein. Manchmal kann man auch eine Schwellung und Überwärmung der Haut sehen. Häufig werden die Knochensarkome auch erst erkannt, wenn durch ihre Ausdehnung ein Knochen instabil geworden ist und z.B. nach einem geringen Trauma gebrochen ist.



Wie wird ein Sarkom diagnostiziert?

Die einzige sichere Methode, die Diagnose eines Sarkoms zu stellen, besteht darin, eine Probe dieses Tumors zu entnehmen und unter dem Mikroskop zu untersuchen (Histologie). Dabei erfordert es viel Erfahrung durch den Pathologen. Zur genauen Klassifizierung werden daher die Proben meist einem Referenzzentrum zugewiesen, wo mit verschiedenen Spezialuntersuchungen das Ursprungsgewebe sowie der Grad der Bösartigkeit bestimmt werden. Besteht schon im Vorfeld der Probenentnahme (Biopsie) der Verdacht auf ein Sarkom, sollte diese - wenn irgendwie möglich - in einem spezialisierten Tumorzentrum durchgeführt werden, da selbst dieser Eingriff schon eine große Bedeutung für die weitere Behandlung des Sarkoms haben kann.



Sind alle Sarkome einer Untergruppe gleich?


Wie bereits zuvor erwähnt, stellen die Sarkome eine sehr heterogene Gruppe von Tumoren dar. Obwohl sie unter einem Begriff zusammengefasst werden, zeichnen sich Sarkome z.T. durch ein völlig unterschiedliches Wachstumsverhalten aus. Je mehr die Tumorzellen dabei normalen Gewebszellen ähneln, umso langsamer teilen sie sich in der Regel. Man spricht daher von einem hohen Grad der Differenzierung. Je schneller sich die Sarkomzellen teilen, um so weniger lässt sich häufig auch auf das ursprüngliche Gewebe schließen. Der Tumor ist also undifferenzierter und wird als umso bösartiger eingestuft. In der feingeweblichen Untersuchung (Histologie) nimmt der Pathologe daher eine grobe Einteilung des Sarkoms in den Grad der Differenzierung vor (Grading), welche meist aus einer Skala von G1 bis G3 (oder 4) besteht. Diese Abstufungen sind fließend.

Ein gut differenziertes Sarkom kann über viele Monate oder sogar Jahre zu beachtlicher Größe anwachsen, ohne Tochtergeschwülste auszubilden, während undifferenzierte, sehr bösartige Sarkome bereits in frühen Stadien Tochtergeschwülste (Metastasen) im Körper absiedeln können.



Was passiert, wenn man mit der Diagnose eines Sarkoms in eine Klinik kommt?

Bevor letztendlich die Empfehlung für eine Therapie durch den Arzt ausgesprochen werden kann, müssen einige wichtige Untersuchungen durchgeführt werden. Die Art der Behandlung hängt, wie schon oben erwähnt, sowohl von der Art des Sarkoms, also der feingeweblichen Untersuchung unter dem Mikroskop, als auch von der Ausdehnung bzw. dem Vorhandensein von Tochtergeschwülsten ab. Zudem muss die Funktion meherer Organe geprüft werden, da schon bestehende Vorerkrankungen die Art der Therapie beeinflussen können. In der Regel werden diese Untersuchungen in einer Abteilung der Inneren Medizin bzw. einer onkologischen Fachabteilung oder in einer chirurgischen Abteilung veranlasst und koordiniert.

Um die Ausdehnung des Tumors zu bestimmen, wird in der Regel eine kernspintomographische Untersuchung (MRT oder NMR) der betroffenen Tumorregion durchführt. Zum Ausschluß von Metastasen werden mittels Computertomographie (CT) Bilder des gesamten Körperstammes erzeugt. Sollte der Verdacht auf eine Beteiligung des Kopfes bestehen, wird zusätzlich auch noch ein CT der Kopf/Halsregion angefertigt. Die empfindlichste Methode zur Erkennung von Knochenmetastasen ist die Skelettszintigraphie, die häufig routinemäßig einmal erfolgt. Es gibt bei der Blutuntersuchung keine Faktoren (Tumormarker), mit deren Hilfe man ein Sarkom erkennen kann. Dennoch existieren einige Blutwerte, die indirekt mit dem Vorhandensein eines Sarkomes in Zusammenhang stehen. Diese Blutwerte werden ebenfalls routinemäßig bei der Aufnahmeuntersuchung erhoben.

Wenn die Erhebung der Befunde abgeschlossen ist, werden die möglichen Behandlungsformen - entsprechend der nachgewiesenen Tumorausdehnung - zwischen internistischen Onkologen, Chirurgen und Strahlentherapeuten abgestimmt.



Wie sieht die Behandlung von Sarkomen aus?

Sind die o.g. Untersuchungen abgeschlossen, erfolgt die Einteilung des Tumors in ein bestimmtes Tumorstadium. Das heißt, dass sozusagen ein Risikoprofil erstellt wird, anhand dessen die weitere Therapie festgelegt wird. Die derzeit gebräuchlichste Stadieneinteilung wurde mit vielen internationalen Spezialisten durch die Auswertung der Krankheitsverläufe Tausender von Sarkompatienten erarbeitet und zuletzt 2002 aktualisiert (UICC). Dabei spielt zum ersten eine Rolle, ob der Tumor nur an einer Stelle vorliegt oder schon Metastasen an anderen Stellen im Körper ausgebildet hat.

Meist gelten die folgenden Therapierichtlinien für Weichteilsarkome: 
Weichteilsarkome mit hoher Differenzierung:

Liegt ein hochdifferenzierter (G1) Tumor vor, der keine Metastasen ausgebildet hat, ist die Therapie der Wahl die alleinige operative Entfernung. Vorraussetzung dafür ist allerdings, das der Tumor mit großem Sicherheitsabstand entfernt werden kann. Auch bei den extrem selten vorkommenden Metastasen, sollte immer versucht werden, diese komplett zu entfernen. Eine Nachbestrahlung ist in der Regel nicht erforderlich.

Weichteilsarkome mit mittelgradiger oder geringer Differenzierung ohne Metastasen:

Primäres Therapieziel bei allen Sarkomen ist die chirurgische Entfernung des Tumors. Vorraussetzung dafür ist, dass keine lebenswichtigen Strukturen dabei gefährdet werden und wenn möglich auch keine Extremität entfernt werden muss. Liegt eine mittelgradige (G2) oder geringe Differenzierung (G3) bei Weichteilsarkomen an den Extremitäten vor, folgt nach der Operation, sofern diese primär möglich ist (operabler Tumor) meist eine zusätzliche Strahlentherapie. Diese soll Tumorzellnester zerstören, die häufig schon in unmittelbarer Umgebung des Tumors vorliegen, und durch MRT oder CT nicht dargestellt werden können. Wie man aus großen Untersuchungen herausgefunden hat, kann das Ergebnis der Behandlung dadurch verbessert werden. 
Ist dagegen bei dieser Konstellation eine sichere Entfernung des Tumors (inoperabel) nicht möglich, kann versucht werden, mit einer Chemotherapie und/oder Strahlentherapie oder mit beiden Verfahren kombiniert den Tumor vor einer Operation soweit zu verkleinern, dass dieser dann nach den bestmöglichen Maßstäben komplett entfernt werden kann. Nur wenn dies nicht gelingt, muss gegebenenfalls eine Extremität amputiert werden. Zusätzlich gibt es auch noch andere Verfahren, einen Tumor der Extremitäten "operabel" zu machen, wie z.B. die Verabreichung der Chemotherapie direkt in die betroffene Extremität, die Chemoperfusion. Dabei wird eine Chemotherapie direkt und isoliert in den Blutkreislauf der betroffenen Extremität gegeben, wodurch sehr hohe Dosen einer Chemotherapie vor Ort erreicht werden können, die der Körper insgesamt sonst nicht vertragen würde. Alternativ kann unter experimentellen Studienbedingungen auch mit Hilfe von Hyperthermie, d.h. einer Überwärmung des Tumors, in Kombination mit Chemotherapie, eine Tumorverkleinerung zu erreichen versucht werden. Die Wirksamkeit einzelner dieser Verfahren wird derzeit noch diskutiert Diese werden daher im Rahmen von Studien an spezialisierten Zentren geprüft. Der genaue Ablauf einer solchen Therapie muss allerdings ganz individuell für jeden Patienten entwickelt werden.

Bei mittelgradig (G2) bis wenig differenzierten (G3) Weichteilsarkomen im Bereich des Körperstammes, die nach präoperativer Einschätzung mit großer Wahrscheinlichkeit nicht im Gesunden operativ entfernt werden können, kann in wenigen spezialisierten Zentren im Einzelfall neben einer äußerlichen (perkutanen) Strahlentherapie und/oder einer Chemotherapie zusätzlich eine sog. intraoperative Radiotherapie (IORT) erfolgen.



Ist eine Sicherheitschemotherapie bei Weichteilsarkomen sinnvoll?

Trotz kompletter Entfernung lokalisierter Sarkome gibt es bei vielen Patienten, insbesondere mit undifferenzierten Sarkomen, Tumorzellen, die bereits vor der Operation mit dem Blutstrom verschleppt wurden. In vielen Fällen lassen sich diese Zellen nicht in der Bildgebung nachweisen. Trotz unauffälliger CT-Untersuchungen kann man daher bei Sarkomerkrankungen zunächst noch keine 100%ige Entwarnung geben, bzw. nach der Operation von Heilung sprechen. Warum lassen sich diese Zellen im MRT, CT oder PET nicht nachweisen? Die "Auflösung", d.h. die Fähigkeit, zwei getrennte Punkte voneinander erkennen zu könnne, liegt bei CTs oder MRTs bei einigen Millimetern, bei PET (Positronen-Emissions-Tomographie) sogar noch deutlich darüber. Einzelne Tumorzellen haben dagegen eine Größe von 10-30µM, also etwa ein 500stel oder 1000stel von dem, was man zur Zeit technisch darstellen kann. Patienten, bei denen eine solche Streuung stattgefunden hat, entwickeln daher trotz der kompletten Entfernung des Primärtumors Monate oder Jahre nach einer Behandlung an anderen Stellen des Körpers Tochtergeschwülste (Metastasen).

Kann etwas vorbeugend gegen diese Zellen tun? Sie wissen vielleicht, dass manche Patienten nach der Operation eines Tumors eine sog. Sicherheitschemotherapie erhalten um genau diese schon verschleppten aber noch nicht sichtbaren Tumorzellen abzutöten. So hat z.B. Kylie Minogue eine solche Therapie nach ihrer Operation an einem Brustkrebs erhalten. Auch bei ihr hatte man den Tumor komplett entfernt und keinen Hinweis auf Metastasen gefunden.

Für bestimmte Tumorerkrankungen, wie z.B. Patienten mit Brustkrebs und Darmkrebs die ein erhöhtes Rückfallrisiko aufweisen, ist der Vorteil einer solchen Chemotherapie klar belegt. Das bedeutet, dass im Rahmen von Therapiestudien z.B. bei 1000 Patienten per Zufall entweder eine Chemotherapie erhalten oder aber nur eine Nachsorge durchgeführt wird. Nach z.B.10 Jahren wird dann verglichen, ob Patienten, die eine Chemotherapie erhalten haben, weniger Rückfälle haben und damit eine bessere Heilungschance aufweisen als die Kontrollgruppe der Patienten ohne Chemotherapie. Als wirksam werden solche Therapien bezeichnet, bei denen die Wahrscheinlichkeit, dass Patienten von einer Therapie profitieren bei über 95% liegt (d.h. "statistisch signifikant" sind). Paradoxerweise gelten damit Therapien, bei denen die Wahrscheinlichkeit bei 94% liegt, als wahrscheinlich nicht wirksam, auch wenn in der Behandlungsgruppe noch mehr Patienten als in der Kontrollgruppe am Leben sind. Je mehr Patienten in einer solchen Studie behandelt werden, umso sicherer kann man sich sein, dass die Therapie die Heilungschance verbessert oder nicht. Eine hohe Zahl an Studienpatienten ist insbesondere bei Tumoren wichtig, die nicht sehr Chemotherapie-empfindlich sind. Bei Patienten mit Lungenkrebs, einem der häufigsten Tumorerkrankungen weltweit, konnte man durch Studien mit Tausenden von Patienten eine Verbesserung der Überlebenschance von 5-8% zeigen.

Die Wertigkeit einer Sicherheitschemotherapie bei Weichgewebssarkomen zu erklären, ist relativ komplex. Das liegt in erster Linie daran, dass Sarkome sehr selten sind und sich untereinander stark unterscheiden. Ein Therapiestudie zur Sicherheitschemotherapie mit 1000 Patienten, die ein Synovialsarkom des Oberschenkels aufweisen, würde vermutlich 100 Jahre dauern. Man hat sich daher in der Vergangenheit aus pragmatischen Gründen bei vielen Studien darauf geeinigt, alle Sarkomuntergruppen gleich zu behandeln und auch Patienten mit geringem Rückfallrisiko mit Chemotherapie zu behandeln. Trotz dieses Kompromisses hat die Durchführung dieser Studien häufig noch 10-15 Jahre gedauert und in der Regel wurden viel weniger Patienten eingeschlossen, als man das von Brustkrebs-Studien kennt.

Fast alle Studien, die bisher bei Weichteilsarkomen durchgeführt wurden, zeigten einen Überlebensvorteil für Patienten, die eine Chemotherapie erhalten hatten. Allerdings lag die Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Ergebnisses manchmal unter 95%. Daher wird zur Zeit keine eindeutige Empfehlung zur Chemotherapie ausgesprochen. Problematisch ist dabei allerdings, dass viele Studien noch keine Kombinationschemotherapie mit Doxorubicin und Ifosfamid verwendet haben oder, dass die Dosierung der Chemotherapie zu gering gewählt wurde. Zudem haben in vielen Studien die Patienten die Behandlung im Verlauf abgebrochen und daher nur einen Bruchteil der geplanten Therapie erhalten. Das lag teilweise daran, dass die Studien in Ländern durchgeführt wurden, wo Patienten nur ambulant behandelt werden konnten, und damit die Nebenwirkungsrate deutlich höher war. Außerdem wurden häufig auch Patienten in die Studien eingeschlossen, deren Rückfallrisiko ohnehin nicht sehr hoch war.

Die Studie mit dem bislang größten Vorteil einer Sicherheitschemotherapie bei Weichteilsarkomen wurde 2002 veröffentlicht. In dieser Studie wurden nur Patienten behandelt, die ein hohes Risiko für einen Rückfall aufwiesen. Dies bedeutete, dass die Tumoren größer als 5cm waren, eine tiefe Lage aufwiesen (also nicht unmittelbar unter der Haut gelegen hatten) und nur einen geringen Differenzierungsgrad aufwiesen (G3). Als Chemotherapie wurde eine Kombinationstherapie aus Doxorubicin und Ifosfamid verwendet, die deutlich höher dosiert war, als in vielen früheren Studien. Nach 4 Jahren Nachbeobachtungszeit waren deutlich über 15% mehr Patienten am Leben im Behandlungsarm mit Chemotherapie als bei Patienten, die keine Therapie erhalten hatten. Aufgrund der geringen Fallzahl dieser Studie, lag allerdings in der längeren Nachbeobachtung die Wahrscheinlichkeit, dass diese Verbesserung korrekt ist, nicht mehr bei 95%.

In einer 2007 veröffentlichen Analyse, wurden die Ergebnisse aller großen Chemotherapiestudien quasi in einen Topf geworfen, um auf eine ausreichend hohe Zahl an Patienten zu kommen. Dabei konnte gezeigt werden, durch die Kombinationstherapie mit Doxorubicin und Ifosfamid eine Verbesserung der Heilungschance von über 10% erzielt wird. Dies liegt in einer ähnlichen Größenordnung wie die Verbesserung der Heilungschancen durch Chemotherapie für viele Patienten mit Brustkrebs . Sarkompatienten mit hohem Rückfallrisiko sollten in diesem Zusammenhang von ihren Therapeuten immer über ihr individuelles Risiko und die entsprechende Risikoreduktion für einen Rückfall durch eine Chemotherapie aufgeklärt werden. Die Entscheidung, ob die Verbesserung des Überlebens eine solche Therapie wert ist, muss dann in letzter Instanz der Patient gemeinsam mit seinen Therapeuten entscheiden.Dabei spielen immer auch der Allgemeinzustand, Begleiterkrankungen, Alter und auch die Art des Weichteilsarkoms eine Rolle.

So lange noch keine effektiveren Sicherheitschemotherapien zur Verfügung stehen, erscheint aus Sicht vieler europäischer und amerikanischer Zentren die Durchführung der Sicherheitschemotherapie VOR einer definitiven Operation am sinnvollsten zu sein. Pat. deren Tumoren nach 2 Zyklen Therapie nicht auf die Therapie ansprechen, würden so keine weitere Therapie erhalten. Patienten, bei denen es zu einem Therapieansprechen kommt, würden dann insgesamt fünf Therapiezyklen erhalten. Durch ein solches Vorgehen können verschleppte Tumorzellen zum frühest möglichen Zeitpunkt durch die Chemotherapie erreicht werden. Leider gibt es bislang keine Test, mit der man die Empfindlichkeit der Tumoren vorhersagen kann.Eine solche Therapie kann zudem problemlos mit einer lokalen Vorbehandlung, wie z.B. einer präoperativen Strahlentherapie oder auch einer isolierten Extremitäten-Perfusion kombiniert werden.




Wie werden Sarkomerkrankungen mit Metastasen behandelt?

Liegen bei mittelgradig (G2) oder wenig differenzierten (G3) Weichteilsarkomen Metastasen vor, deren operative Entfernung technisch nicht möglich oder tumorbiologisch nicht sinnvoll ist, wird in der Regel eine Chemotherapie verabreicht. Eine solche Therapie kann das Ziel haben, die Metastasen zu verkleinern, so dass beispielsweise bei nur wenigen Metastasen in der Lunge eine nachgeschaltete Operation und Entfernung der Tumorreste erwogen werden kann. Falls eine nachgeschaltete Operation nicht in Betracht kommt, hat die Chemotherapie zum Ziel, den Tumor so lange wie möglich in seinem Wachstum zu kontrollieren; das heißt, wenn möglich, zu verkleinern oder auch einfach an seinem Wachstum zu hindern. Durch den sequentiellen Einsatz verfügbarer Chemotherapeutika können empfindliche Tumoren in vielen Fällen "chronifiziert" werden. Pat. können dann trotz einer "unheilbaren" Erkrankung u.U. viele Jahr mit der Erkrankung leben. Viele Patienten können auch zwischen den Therapien, wenn keine Komplikationen auftreten, in den Urlaub fahren, manche Patienten sogar zur Arbeit gehen.

Viele Chemotherapien lassen sich schon ambulant durchführen und weisen geringere Nebenwirkungen auf, als allgemein vermutet wird. Wichtig ist unserer Ansicht nach dabei, dass zum Einen, die Therapeuten eine genaue Wirksamkeitsüberprüfung der Chemotherapie, i.d. Regel nach 6 Wochen, vornehmen, zum Anderen die Auswirkungen der Therapie auf die Lebensqualität in die Therapieüberlegung mit einbeziehen.

Die für die Sarkombehandlung zur Verfügung stehenden Chemotherapeutika (Zytostatika) umfassen seit langem bekannte und erprobte Medikamente wie beispielsweise Ifosfamid, Doxorubicin und Dacarbacin. (überwiegend für Weichteilsarkome) sowie zusätzlich Platinderivate, Methotrexat und Etoposid (überwiegend für Knochensarkome). Neuere Medikamente die regelhaft zum Einsatz kommen sind Trabectedin (insbesondere bei Leiomyosarkomen und Liposarkomen) sowie Gemcitabin sowohl allein als auch in Kombination mit Docetaxel sowie Topotecan. Die zuvor genannten Medikamente werden je nach Art des Sarkoms, der Tumorausdehnung und der möglichen Begleiterkrankungen allein oder in Kombination verabreicht.



Was kann man bei einem Rückfall der Erkrankung tun?

Bei einigen Patienten, bei denen ein Weichteilsarkom primär erfolgreich behandelt wurde und komplett entfernt werden konnte, kommt es nach einigen Monaten oder Jahren zu einem Rückfall der Erkrankung. Liegt dieser Rückfall im Bereich des Primärtumors, sollte dieser - falls technisch möglich -komplett chirurgisch entfernt werden. In diesen Fällen gilt es vorab jedoch sorgfältig zu prüfen, ob eine zusätzliche präoperative, postoperative und intraoperative Strahlentherapie und ggf. auch eine Chemotherapie sinnvoll und möglich ist. In Einzelfällen können neuere bzw. experimentelle Therapieverfahren wie beispielsweise die isolierte Extremitätenperfusion (ILP) mit Melphalan und Tumornekrosefaktor alpha (TNF) oder auch eine Hyperthermie zum Einsatz kommen.

Bei Vorliegen von Fernmetastasen kann unter bestimmten Voraussetzungen versucht werden, diese chirurgisch zu entfernen. Insbesondere bei Metastasen in der Lunge kann, abhängig von der Zahl und Größe der Metastasen, eine Operation bei einigen Patienten/innen die Chance auf eine langfristige Tumorfreiheit erhöhen. Sollte eine Operation zunächst nicht in Betracht kommen, kann eventuell durch eine Chemotherapie und/oder Strahlentherapie versucht werden, den Tumor so zu verkleinern, dass eine Operation möglich ist.



Wie hoch sind die Chancen auf eine Heilung bei einem Sarkom?

Diese für die Betroffenen brennendste Frage ist gleichzeitig auch die für den Arzt am schwierigsten zu Beantwortende. Prinzipiell gilt, dass niemand mit Bestimmtheit für den einzelnen Patienten zu Beginn der Erkrankung sagen kann, ob die Erkrankung geheilt werden kann. Im Einzelfall kann anhand der verschiedenen Merkmale des Tumors bzw. des bisherigen Krankheitsverlaufs versucht werden abzuwägen, ob ein sogenanntes kuratives, auf eine langfristige Tumorfreiheit ausgerichtetes Behandlungskonzept vorliegt oder ob das vorrangige Behandlungsziel eher darin liegen könnte, die Tumorerkrankung so lange und so gut es mit einer akzeptablen Lebensqualität vereinbar ist, zu kontrollieren. Ganz allgemein läßt sich feststellen, dass ein grosser Teil aller Patienten mit einem Knochensarkom oder einem Weichteilsarkom, die bei Erstdiagnose keine Fernmetastasen aufweisen, nach fachgerechter Behandlung des Ersttumors langfristig tumorfrei bleibt und somit voraussichtlich als geheilt angesehen werden kann.

Bei Vorliegen von Fernmetastasen sind die Chancen auf eine dauerhafte Tumorfreiheit generell geringer. Abhängig vom Risikoprofil (Wachstumseigenschaften des Tumors, Anzahl, Größe und Lokalisation der Fernmetastasen, Begleiterkrankungen) kann aber auch in dieser Situation unter bestimmten Voraussetzungen noch eine Heilungschance vorhanden sein.



Was sind Chemotherapiestudien?

Da Sarkome selten sind, werden Therapiestudien bei diesen Tumorerkrankungen häufig von mehreren größeren Zentren in Zusammenarbeit durchgeführt. Ohne solche Studien sind wissenschaftlich fundierte Fortschritte auch in der Sarkomtherapie nicht möglich.

Heutzutage werden neue Chemotherapeutika/Zytostatika zunächst in Zellkulturen und anschließend im Tierversuch auf ihre "Giftigkeit" und mögliche Wirksamkeit getestet. Da Versuchstiere einen anderen Stoffwechsel als Menschen aufweisen, muss der nachfolgende Einsatz neuer Medikamente an Menschen sehr vorsichtig und unter streng kontrollierten Bedingungen erfolgen. Dabei wird meist mit einer sehr niedrigen Dosierung begonnen und diese solange gesteigert, bis eine maximale Wirkung erreicht ist oder Nebenwirkungen auftreten. Solche Studien werden Phase I - Studien genannt. Dabei gelten strengste Sicherheitsvorkehrungen und in der Regel lassen sich durch engmaschige Untersuchungen und Laborkontrollen schwerwiegende Nebenwirkungen vermeiden. Die Zulassung einer solchen Studie geschieht nur, wenn es in Vorversuchen Hinweise für eine Wirkung dieser Substanzen gibt. In der Regel dürfen nur solche Patienten daran teilnehmen, bei denen alle etablierten Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft wurden und die mit ihrem ausdrücklichen Einverständnis freiwillig an einer solchen Studie teilnehmen möchten.

Im nächsten Schritt wird bei einer kleinen Anzahl von Patienten die Wirksamkeit mit einer zuvor anhand der Phase I - Studie festgelegten Dosis eingehender überprüft. Solche Studien nennt man Phase II - Studien. Kann dabei eine Wirksamkeit bei akzeptabler Verträglichkeit nachgewiesen werden, muss die neue Therapieform mit einer etablierten Behandlung verglichen werden. Um eine Ergebnisverfälschung zu vermeiden und wissenschaftlich hinreichend verlässliche Ergebnisse zu erzielen, müssen dabei die Patienten zufällig einer der zu vergleichenden Therapieformen zugeordnet werden (sog. randomisierte Phase II - Studien oder Phase III - Studien). Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand kann durch solche Studien dann verhältnismäßig sicher die Wirksamkeit bzw. der Vorteil einer Substanz gegenüber schon etablierten Substanzen festgestellt werden. Natürlich können neben Medikamenten auch bestimmte Operations- oder Bestrahlungsformen im Rahmen von Studien verglichen werden.

Wichtig für Patienten ist es dabei zu wissen, dass die Teilnahme an Studien freiwillig ist und jederzeit abgebrochen werden kann. Wenn ein Patient nicht im Rahmen einer Studie behandelt werden möchte oder aber eine begonnene Behandlung in einer Studie beenden möchte, hat dies selbstverständlich in keiner Weise negative Folgen für die weitere Behandlung. Therapiestudien erfolgen nur dann, wenn sie vorab durch eine sogenannte Ethik-Kommission begutachtet wurden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass mit Hilfe sog. Therapiestudien zukünftig eine Verbesserung der Behandlung hinsichtlich ihrer Wirksamkeit oder Verträglichkeit erzielt werden soll. Die möglichen Vor- und Nachteile einer Studienteilnahme werden jedoch immer sorgfältig gegen eine individualisierte Therapie außerhalb von Studien abgewogen. Wichtigstes Ziel ist es, dass jede(r ) Patient(in) eine für seine/ihre spezielle Tumorsituation am besten geeignete Therapieform erhält.